Zehn Jahre nach Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum 1.1.2014 ist festzustellen, dass allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige zunehmend auch durch die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht bestellt werden. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen nach der Geltendmachung der Gebühren, auf die hier zusammengefasst eingegangen werden soll.
Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Dieses verweist in § 17 für die einzelnen Beweismittel auf das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG). Nach § 53a AVG haben Sachverständige, die nicht ständig einer Behörde beigegeben sind oder ihr zur Verfügung stehen („nichtamtliche Sachverständige“) Anspruch auf Gebühren nach den Bestimmungen des GebAG, sofern nicht bestimmte Tarife per Verordnung der Bundesregierung festgesetzt sind. Eine solche Verordnung wurde bislang nicht erlassen. Bei Bestellung durch ein Verwaltungsgericht ist die Gebühr daher nach den Bestimmungen des GebAG gegenüber dem bestellenden Gericht geltend zu machen und wird anschließend von diesem bestimmt. Gemäß § 26 GebAG iVm § 53a AVG kann dem Sachverständigen auf Antrag auch ein Vorschuss gewährt werden.
In Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben kann es zur Bestellung zum Sachverständigen auch durch das Bundesfinanzgericht kommen, da § 177 Bundesabgabenordnung (BAO) ebenfalls den Sachverständigenbeweis vorsieht. Gemäß § 181 BAO stehen Sachverständigen in diesem Fall Gebühren unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß wie im gerichtlichen Verfahren zu. Damit wird wiederum auf das GebAG verwiesen. Zu beachten ist aber, dass der Gebührenanspruch gemäß § 181 Abs 2 BAO bei sonstigem Verlust binnen zwei Wochen – und nicht wie nach § 38 Abs 1 GebAG binnen vier Wochen – geltend zu machen ist. Die Gebühren sind beim Bundesfinanzgericht geltend zu machen und werden von diesem bestimmt.
Aus dem Verweis auf das GebAG ergibt sich sowohl für Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als auch vor dem Bundesfinanzgericht, dass auch § 34 Abs 2 GebAG zur Anwendung kommt: Wenn – was in diesen Verfahren der Regelfall sein wird – kein Kostenvorschuss erliegt und somit die Gebühren aus Amtsgeldern bezahlt werden, ist von der Mühewaltungsgebühr daher im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit ein Abschlag von 20% vorzunehmen. Dieser sollte in der Gebührennote explizit ausgewiesen werden, um Rückfragen zu vermeiden.
Aus dem Verweis auf das GebAG ergibt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Ro 2020/03/0021) weiters, dass die Warnpflicht des § 25 Abs 1a GebAG auch vor den Verwaltungsgerichten zur Anwendung kommt. Was die „Warnschwelle“ betrifft, so stellt der VwGH auf die Schwierigkeit des Verfahrens ab: Entspreche diese einem bezirksgerichtlichen Verfahren, sei die Schwelle von EUR 2.000 maßgeblich, andernfalls jene von EUR 4.000. Da diese Sichtweise für Sachverständige mit großer Unsicherheit verbunden ist, ist eine Warnung bei voraussichtlicher Überschreitung von EUR 2.000 zu empfehlen. Nachdem sich die Sachverständigengebühren bei Bestellung durch das Bundesfinanzgericht ebenso nach dem GebAG richten, kommt auch dort die Warnpflicht nach den gleichen Grundsätzen zur Anwendung.
Bei dieser Gelegenheit ist abschließend zu bemerken, dass die Warnschwellen durch die aktuelle Zuschlagsverordnung BGBl II 2023/430 nicht erhöht wurden. Eine Anhebung dieser Sätze durch den Gesetzgeber erscheint jedoch aufgrund der Inflationsentwicklung überfällig und indiziert, um Sachverständige von Gebührenwarnungen zu entlasten. In Fällen, in denen kein Kostenvorschuss erliegt, können in der Praxis kaum noch Gutachten ohne Ausspruch einer Warnung erstattet werden. Dies führt zu Verfahrensverzögerungen und belastet Sachverständige und Gerichte mit Aufwand, der bei Anhebung der Warnschwellen reduziert würde.
Dr. Manfred Mann-Kommenda, MSc
Rechtskonsulent des Landesverbandes Wien, NÖ u. Bgld.